Bei seinem Besuch im Jahre 1775 beschrieb der Franzose Chevalier die Stadt Varna: "Es gibt etwa 16 000 Einwohner, 12 Moscheen, 2 Kirchen und einen Glockenturm, der vor 20 Jahren gebaut ist und in dem sich eine Uhr mit einer Glocke befindet..." Von diesem Bericht wurde es klar, dass schon in der Mitte des XVIII. Jhs. Varna einen Uhrturm hatte. Der Sahat-Turm (Turmuhr) befand sich im Garten hinter dem heutigen Theatergebäude und diente als Wachturm der Feuerwehr. Wie der Turm aussah - war er aus Holz oder aus Stein? ... Man weiß nicht wann er zerstört wurde. Vielleicht während der Belagerung der Stadt im Jahr 1828 oder bei dem großen Brand in Varna während des Krimkrieges.
Die Turmuhr und der Saal "Saedinenie" (deutsch - "Vereinigung")
Die Idee von der Errichtung eines beachtlichen Turmes mit Uhr wurde im Jahr 1888 verwirklicht, zu der Zeit, in der Bürgermeister Krastyu Mirski war. Die Gemeinde Varna beauftragte den Architekt Sava Dimitrievich ein Projekt für einen 24 Meter hohen Feuerwehrturm aus Stein mit einer Uhr zu entwerfen. Der Standort wurde nicht zufällig ausgewählt - der neue Uhrturm im Stadtgarten und die Kathedrale grenzten das Stadtszentrum ab. Da der "Konkordia" Saal in dem selben Jahr ausbrannte und die Stadt ohne Theaterhalle blieb, wurde dem Architekt den Auftrag gegeben, neben dem Uhrturm ein Gebäude zwecks Versammlungen und Theaterspielen zu bauen.
Nach zwei Jahren wurden der neue Uhrturm und der "Vereinigung" Saal fertiggestellt und offiziell eröffnet. Der Turm wurde von den Feuerwehrleuten verwendet, weil die hohen Gebäude damals eine Seltenheit waren und von dem Turm aus konnte man die ganze Stadt sehen. Die Beobachter gaben die Brandsignale anhand bunter Fahnen tagsüber, und mit Laternen in der Nacht. Die Feuerwehrtätigkeit des Turms wurde 1898 nach dem Einrichten eines Telefonapparates in dem Feuerwehrgebäude eingestellt. Das Uhrwerk wurde im Ausland gekauft und in den Turm von dem berühmten Revolutionären Oton Ivanov instaliert.
Trotzt seiner Bestimmung, weg von den Augen der Menschen zu bleiben, ist das Uhrwerk selbst ein richtiges Kunstwerk. Überraschend und entgegen allen Traditionen ist der Name der Herstellerfirma nirgends auf dem Uhrwerk angegeben. Das ganze System ist in einem großen Holzkasten abgeschlossen, der durch eine enge Wendeltreppe entlang den Steinmauern erreicht werden kann. Vorne ist das Zifferblatt, das den Gang der Uhr kontrolliert und für die Richtigstellung verwendet wird. Durch ein System von Achsen und Zahnrädern wird die Bewegung alle 4 Sekunden an die Pfeile auf der Außenseite des Turms übertragen. Anstelle von dem uns bekannten Federmechanismus wird die Uhr durch Gewichte, aufgehängt in der Mitte des Turms, angetrieben. Das"Aufziehen" der Uhr erfolgt indem man den Faden, an dem die Gewichte hängen, mittels einer einfachen Andrehkurbel mit großer Trommel, die sich neben der Hauptgruppe von Zahnrädern befindet, aufrollt. Eine weitere Achse überträgt die Bewegung an den Hammer der Glocke auf der Spitze des Turms. Bis 1930 misst die Glocke zweimal jede Stunde im Abstand von einer Minute ab.
Auf der Spitze des Turms kann man die roten Gewichte sehen. Der Uhrmacher Oton Ivanov (gestorben 1932) hat sein ganzes Leben mit diesem Turm verknüpft. Als Erbe und wegen seines Berufs, betreute sein Sohn - Oton Ivanov weiterhin die Uhr bis zu seinem Tod im Jahr 1976.